Mal wieder bin ich spät dran….der April ist bereits vorbei, und ich bin noch nicht zu meinem Beitrag gekommen. Zu viel Arbeit an unserem neuen Domizil im kleinen Dörfchen Oberdiebach. Es wurde Zeit die Holzterrasse und sämtliche Zäune, die ewig keine Farbe gesehen haben, streichen zu lassen, eh der sprießende Wein es unmöglich macht, und, wie ich es von daheim gewohnt bin, kriegen bei mir die Arbeiter ein zweites Frühstück und ein Mittagessen. Dann hatten und kriegen wir lieben Besuch, die Gartenarbeit lockte, und so war ich rund um die Uhr beschäftigt und kam nicht zum Schreiben, und auch für Ausflüge war keine Zeit, so dass es mir am Aprilthema fehlte. Na, da kam mir doch heut in den Sinn, dass ich Ihnen einfach mal Oberdiebach (im Jahre 893 erstmalig erwähnt) mit ein paar Fotos und Zeilen vorstelle.

Es ist ein entzückendes kleines Örtchen mit seinen idyllischen Eckchen, dem rauschenden Bach, malerischen Fachwerkhäusern, einer herrlich satten grünen Natur und einem Blütenmeer jetzt im Frühling, manch phantasievoll und liebevoll angelegtem Gärtchen, Weinbergen, einer Burgruine und nicht zu vergessen, die mich immer wieder zum Lächeln bringenden und an Griechenland erinnernden Mittelrheinziegen, auf die ich aber noch ein anderes Mal eingehen werde.

Es gibt eine wunderschöne Kirche (auch hierüber bald mehr) und einen Bäcker im Ort, der, wie ein winziger Tante-Emma-Laden eine kleine Auswahl an Lebensmitteln, Haushaltswaren und Zeitschriften hat. Montags und donnerstags ist er jedoch geschlossen. Eine wochentags in den Abendstunden geöffnete Gaststätte („Zum Kräuterberg“) gibt es auch, warme Küche, die einfach aber köstlich ist, gibt es nur am Wochenende, die Einrichtung ist wie damals und leider hat die Dorfschänke keine Außengastronomie.

Ja, das war´s… Wie sagte seinerzeit der von uns beauftragte Makler, den wir nach der Suche eines Hauses in Bingen beauftragt hatten: „Was, nach Oberdiebach wollen Sie ziehen? Da geht man doch nur zum Jagen hin, aber doch nicht zum Wohnen.“ Ich jedoch hatte mich in dieses Fachwerkhaus verliebt, schlug die Warnung in den Wind, und jetzt sind wir neue Bürger des Örtchens. Tja, ich war wohl blind, bzw. besser gesagt taub vor Liebe. Es ist nicht die Tatsache, dass hier wirklich, wie sagt man noch gleich, ähem, der Hund begraben ist… das stört mich nicht, denn das Landleben gefällt mir, habe ich doch 4 Jahre in einem Olivenhain auf Lesvos gelebt, nein, alles gut und traumhaft schön inmitten der herrlichen Natur, was mich verzweifeln lässt, ist der Autolärm… Ja, Sie lesen richtig in dem 863-Seelen-Dorf, mit einer Hauptstraße, einer Gaststätte, einem Bäcker und sonst nix, ist ein Verkehrsaufkommen, fast wie in einer Großstadt. Da hat man alle Nachteile eines Dorfes, aber nicht den unbezahlbaren Vorzug namens RUHE. Anstatt den Vorbesitzer zu fragen, ob es denn viel Autoverkehr gäbe, was er natürlich verneinte, hätte ich mich doch wirklich mal eine Stunde vor das Haus stellen sollen. Oh man, kann man denn wirklich so naiv sein, bei solch einer Anschaffung? Ja, Sie lesen es ja. Ich, die aus der Ruhrgebietsmetropole Essen kommt, einige Jahre im lebhaften Bingen wahrlich in Ruhe wohnte, hätte im Traum nicht daran gedacht, mit so einem Problem hier auf dem Land konfrontiert zu werden.

Tja, ansonsten finde ich es toll hier…habe ein kleines Paradies im Garten und auf der Terrasse erschaffen, wir haben endlich eine Wohnküche, wie wir sie uns als Bergmannskinder erträumten, 2 Gästezimmer, so dass unsere Familie und Freunde nicht mehr ins Hotel oder in eine Ferienwohnung müssen, haben super nette Nachbarn, wohnen in einer herrlichen Gegend, mein geliebtes Bacharach ist 6 Autominuten entfernt, auch Bingen und Vater Rhein sind nah, aber….

Naja, wer weiß nicht, dass es nichts aber auch gar nichts Perfektes gibt? Nachbarn und Dorfbewohner, die ja auch diesem unerträglichen Lärm aufgrund der Durchgangsstraße ausgesetzt sind, versichern mir stets, dass man sich daran gewöhnt. Ich möchte das so gerne glauben, denn die Fotos werden ihnen zeigen, wie bezaubernd es hier in Oberdiebach ist, was auch die vielen Wandersleut und die gut gebuchten Ferienwohnungen beweisen. Auch würde ich so gerne daran glauben, dass die Regierenden des Städtchens einsehen, dass eine Tempo-30-Zone, den Krach minimieren und das Straßenpflaster schonen würde, zumal ja auch noch zu bedenken ist, dass die Bürger mit viel Liebe und Einsatz einen Spielplatz direkt an dieser stark befahrenen Straße errichtet haben, zu dem ich meine Enkelkinder niemals alleine gehen ließe. Ich verstehe es überhaupt nicht, dass hier die Autos so rasen dürfen. In all den Vororten von Bingen sind die Straßen verkehrsberuhigt…Warum nicht hier? Muss erst was passieren? Klar, haben wir den Bürgermeister in seiner Sprechstunde gefragt: Quertreiber sei die Straßenmeisterei! (?)

Ich merke gerade, dass der Satz „Schreiben befreit“ stimmt. Es hat gut getan, mein Problem einfach mal runterzuschreiben, und wenn ich mir jetzt meine Fotos noch einmal ansehe, bin ich schon wieder getröstet, genau so, wie durch meine täglichen Spaziergänge durch das Dorf und die wunderschöne Umgebung. Oberdiebach hat was… Kommen Sie mal her und sehen Sie selbst!

Möge Ihr Zuhause ein Ort der Ruhe und Entspannung sein!
Es grüßt die R(h)eingeschmeckte
im recht kalten und nassen April 2016