Da bin ich schon wieder. Geht es Ihnen nicht auch so, dass Ihnen schier schwindlig wird, so rast die Zeit in Siebenmeilenstiefeln an uns vorbei? Zack, schon ist der September um, der noch fleißig Sonnenstunden sammelte und uns zeitweise wiederum trockenes und heißes Wetter bescherte, obwohl ich dachte, der Sommer sei vorbei und der Herbst sei da, mit dieser herrlichen Luft zum Durchatmen. Aber Ende des Monats hat sich der Sommer dann aber doch definitiv verabschiedet, und pünktlich zum kalendarischen Herbstanfang am 22. fielen die Gradzahlen.

Wie ein jedes Jahr im September, ist zu meiner Freude der 2. Sonntag der „Tag des offenen Denkmals“. Wiederum waren um die 7.500 Denkmale in Deutschland geöffnet, Bauten, die sonst nicht zugänglich sind, öffneten ihre Pforten. Die Verbandgemeinde Rhein-Nahe gab die Wernerkapelle in Bacharach und die Clemenskapelle in Trechtingshausen zur Besichtigung frei.

7 Kilometer von Bingen entfernt, liegt die Clemenskapelle unterhalb der Burg Reichenstein malerisch direkt am Rheinufer. Unzählige Male bin ich an dem rot-weißen spätromanischen Kirchengebäude vorbeigefahren, hab mich an dem Anblick erfreut und mir immer wieder vorgenommen, es alsbald zu besichtigen, nicht wissend, dass die Tore eigentlich verschlossen sind. Klaro, dass mir an dem Denkmalsonntag die Entscheidung zwischen den beiden Kapellen leichtfiel.

Ich kann Ihnen sagen, dass die Clemenskapelle hält, was sie aus der Ferne betrachtet verspricht. Die Lage, unmittelbar am Rhein, inmitten des alten noch erhaltenen Friedhofgrundstücks, einfach nur idyllisch, das Gebäude selbst ein Meisterwerk der Spätromantik! Im 13. Jahrhundert ist die Pfeilerbasilika erbaut worden. Einst eine Pfarrkirche, wird sie heute nur noch als Friedhofskapelle genutzt.

Ich war begeistert, dass der Innenraum nahezu unverändert erhalten geblieben ist, in schlichter Klarheit, schmucklos, unberührt, in karger Strenge…Großartig!! Bemerkenswert ist, dass 5 Bankreihen eines Chorgestühls aus dem frühen 16. Jahrhundert zu sehen sind, die anderen Sitzreihen sind neugotisch und aus dem 19. Jahrhundert. Faszinierend die alten Wandmalereien, Grabsteine, Inschriften und Grabdenkmäler aus dem 15. bis 17. Jahrhundert.

Ja, es gibt viel zu bestaunen in und um St. Clemens herum und vor lauter Begeisterung habe ich völlig vergessen, die direkt daneben stehende Michaelskapelle, das ehemalige Beinhaus der Gemeinde aus dem 16. Jahrhundert, zu besichtigen. Pfff.. hab mich schon geärgert, dass mir das passierte. Dies, damit Ihnen dass nicht passiert, wenn Sie an diesen Ort kommen. Ich glaube, Sie müssen auch darauf nicht ein Jahr warten, denn ich habe eine Telefonnummer im Internet zur Vereinbarung eines Besichtigungstermins gefunden, und zwar: 06721/6381.

Ach, da ich ja ein Fan von Märchen und Sagen bin, möchte ich das auch noch erzählen, eh ich mich verabschiede: Um die Erstehung der Clemenskapelle ranken sich 2 Legenden. Da ist einmal die, die besagt, dass es die Angehörigen der durch König Rudolf von Habsburg an diesem Ort hingerichteten Raubritter von der Burg Reichenstein waren, die dieses Gotteshaus erbauten, um Buße zu tun und für die Erlösung der Seelen ihrer Verwandten zu beten. Tja, und dann die von dem niederländischen Holzflößer, die mir märchenhafter erscheint und damit besser gefällt, und das erzählt:

Der Mann geriet mit seinem Floß und der wertvollen Fracht in der Nähe von Bingen in einen fürchterlichen Gewittersturm. Er flehte GOTT an, sich und sein einziges Hab und Gut aus diesem Unwetter zu retten und schwor, wenn dies gelänge, an der Stelle, wo er und sein Floß unbeschadet an Land gelangen würden, eine Kirche zu bauen. Wie man an der Clemenskapelle sieht, hat es geklappt: Der fromme Mann konnte seine Flussfahrt fortsetzen und soll nach einem Jahr wiedergekommen sein, um hier an der rettenden Sandbank sein Versprechen einzulösen.

So, ich wünsche uns einen wundervollen goldenen Oktober und freue mich schon heute darauf, Ihnen im nächsten Monat wieder einen Ausflugstipp geben zu können.

Bleiben Sie gesund,
das wünscht die R(h)eingeschmeckte
im sonnigen September 2020